Montag, August 07, 2006

Tijd voor lezen

Eigentlich war es nicht überraschend. Als ich auf dem Bahnhof Colmschate ankam, um mit dem ersten sonntäglichen Vorortzug nach Deventer zu fahren, standen bereits viele Menschen mit Rucksäcken und Trolleys auf dem Bahnsteig. In Deventer verliessen mehr als Hundert Menschen den Zug und bildeten das Zentrum einen Menschenstromes, der sich zum zentralen Marktplatz (de Brink), wo die ersten Stände des Boekenmarkt zu erwarten waren, bewegten. Vom Busbahnhof und aus dem Nebenstraßen schlossen sich beständigt weitere Menschen an und es ist schon ungewöhnlich, wenn an einem Sonntagmorgen alle sich wie in einer Rush Hour in eine Richtung bewegen.

Es ist der größte Markt und mehr als 700 Buchstände waren vergeben. Offiziell sollte der Markt erst um 9:30 Uhr beginnen, aber wir waren nur ein Teil der vielen Tausend Menschen, die jetzt bereits an den Bücherständen zu stöbern begannen. Wenn man die ersten 100 Stände passiert hat, dann wird eine Struktur sichtbar. Es gibt echte Antiquare, die oftmals im formalen Anzug und mit sichtbaren Preisschildern in alten Werken ihre Ware anbieten, Spezialitätenantiquare mit Bücher z.B. zu Reisen oder zum weiten Welt von Essen und Kochen, dann die Stände mit modernen Antiquariat und schließlich die Mehrzahl, die auch vom Augenschein der Bücher jede Art von Druckwerk aufkaufen und hier weiterverkaufen. Es file mir auf, wie viele Kinderbücher verkauft wurden.

Deutsche und englische Titel sind nur schwer zu finden und oftmals thematisch einfach im niederländischen Bestand einsortiert. Dennoch ist da dieses wunderbare Kribbeln beim Stöbern. In 3,5 Stunden sind bestimmt Tausend Bücher durch meine Hände gegangen und ich war erstaunt über die Preisvariationen. Ludendorfs Kriegserinnerungen (1921) waren für 80 aber auch für 12 Euro zu haben und der Zustand unterschied sich nur wenig. Leider war die Mehrzahl der deutschen Titel „Schrott“ und entsprechen froh war ich als mir Tucholskys „Schloß Gripsholm“ in der gebundenen Rowohlt-Ausgabe und ein Frühwerk von Heinrich Mann in die Hände fielen und einen akzeptablen Preis aufwiesen. Mein Highlight war aber ein koloniales britisches Werbebuch/Bildband für Urlaub in „The Rhodesias and Nyassaland“. Malawi und Zimbabwe habe ich zum Teil bereist und nun haben ich großformatige Fotos (s/w und wenige in Farbe), die ich mit meinen Erinnerungen und Fotos vergleichen kann. Dieses Buch von 1956 gibt keinen Hinweis darauf, dass bereits 1957 mit Ghana die Unabhängigkeitsbewegung ihren ersten Erfolg feiern konnte. Alle sind glücklich in der Entwicklung Afrikas durch den weißen Mann.

Das zweite Highlight war der Weg zurück zum Bahnhof. Es waren nicht nur 130.000 Besucher auf dem Boekenmarkt, sondern es waren unzählige Bücherwürmer, wie auch ich einer bin, und nun wurden in den Trolley, Rucksäcken und großen Taschen mit dem Aufdruck Tijd voor lezen die neuen Besitztümer nach Hause gebracht.

Und über diese Zahl von Bücherwürmer war ich dann doch überrascht.

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