Sonntag, Oktober 19, 2008

un' nu'

Wenn sich die eigenen Fähigkeiten in einem Bereich dem Wert Null nähern - und zwar von unten, dann liegt zu viel ironische Selbstkritik vor oder dieser Bereich sollte auf einen noch kürzeren als den schnellsten Weg verlassen werden. Allerdings würde dies auch eine Flucht vor neuen Erkenntnissen, die über die Selbsterkenntnis der Unwissenheit hinaus geht, bedeuten.

4. April 2006

Wahlbeteiligung in Malawi, Bosnien und Hannover

Zweimal habe ich als internationaler Wahlhelfer gearbeitet und seitdem vergleiche ich die dortigen Erfahrungen mit meinen langjährigen freiwilligen Einsatz als Schriftführer von Wahlen in verschiedenen Wahllokalen in Hannover.
Für das Auswärtige Amt und damit für die Europäische Union war ich während der ersten demokratischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Malawi am 17. Mai 1994 als Mitglied der Joint International Observer Group als einer der Langzeitbeobachter im Einsatz. Wir arbeiteten damals direkt mit dem United Nation Electoral Assistance Secretariat zusammen.
Für die erste Kommunalwahl in Bosnien-Herzegowina am 13. und 14. September 1997 wurde ich von United Nations Volunteers und dem OECD-Büro Wien in den Großraum Zenica als Polling Supervisor entsandt. Beide Wahlen standen für einen Neuanfang und ich erwartete eine Wahlbeteiligung deutlich höher als zu vergleichbaren westdeutschen Wahlen. Ich wurde auch nicht enttäuscht.

Als Senior District Observer für die vier Wahlkreise im Rumphi District im Norden von Malawi konnten meine Mitarbeiter eine Wahlbeteiligung von 86 bis 91 Prozent vor Ort registrieren. Während der Wahlen in Bosnien-Herzegowina saßen in jedem Wahllokal Polling Supervisor. In meinem Wahllokal gab es eine Wahlbeteiligung von 92 Prozent. Da dies ein kleines Dorf war und Briefwahl für diese erste Wahl noch nicht vorgesehen war, entsprach dies aber 100 Prozent aller potentiellen Wähler.
Die Wahlleitung konnte mir am zweiten Wahltag zu jeder bis dahin nicht zur Wahl erschienenen Person genau erklären, warum sie nicht erscheinen konnte. Hohes Alter, Pflege sterbender Menschen, Pflege erkrankter oder verletzter Menschen oder bereits langfristige Abwesenheit aus dem Ort wurden genannt. Ein sehr alter und gebrechlicher Mann wählte auch. Er wurde von seinem bereits alten Sohn zum Wahllokal gefahren und erhielt einen Stimmzettel durch das Autofenster gereicht. Er saß alleine im Wagen, traf seine Entscheidung und der Wahlvorsitzende trug vor meinen Augen die Wahlurne zum Autofenster, so dass der alte Herr persönlich seine Entscheidung einwerfen konnte.

OK, diese Wahlen waren etwas ganz Besonderes, aber die Wahlbeteiligung zeugte von dem großen Wunsch seine Meinung in einen politischen Prozess einzubringen. Wie heißt es in solchen Fällen im Bericht der internationalen Wahlhelfer.
Die Wahlen repräsentieren den Willen des Volkes.


29. März 2006

Ein idealer Sonntagmorgen

Frühstücksparadies am Sonntag - Rituale müssen gepflegt werden.

Samstags wähle ich bereits die längeren Zeitungsartikel aus, die mich Sonntags informieren und unterhalten sollen.
Afrikanischer Kaffee mit Zimt, Kardamon, Nelkenspitzen und einer kleinen Prise Salz; Biomilch mit natürlichem Fettgehalt; zwei 5-Minuten-Eier bei denen das Eigelb gerade noch flüssig ist; Vollkornbrötchen mit von Muttern selbst gemachter Brombeermarmelade und klassische Musik im Hintergrund.

Zum perfekten Frühstück fehlt nur eine Kleinigkeit: Eine oder mehrere Personen mit denen ich diesen Genuss teilen kann. Glücklicherweise geschieht dies mehrmals im Jahr, wenn Gäste mit mir diese große Wohnung teilen.

19. März 2006

Identitäten - Europäische Identität

Individualpsychologisch basiert Identität auf einer Abgrenzung vom Anderen. Wie lässt sich dieses Konzept auf Gruppen anwenden und macht es überhaupt einen Sinn, eine über das Individuum hinausgehende Identität zu formulieren?
Ich bin ich und einmalig wie jede andere Person oder wie es ironisch heißt "Alle sind Individualisten - nur ich nicht".
Um mich zu beschreiben braucht es unzählige Adjektive und Substantive, die mich mit anderen Personen vergleichen und die in ihrer Kombination mich als Individuum abgrenzen.

Die Zuordnung zu einer Gruppe wird im Negativen als Schubladendenken bezeichnet, aber dies sind meist nur Hilfskonstruktionen um eine Person annähernd zu umschreiben. Ich bin ein Mann, Brillenträger, habe blonde Haare, eine helle Stimme, bin in Rotenburg/Wümme geboren, Absolvent vom Maxe in Delmenhorst, etc. All dies sind nur Hilfsstellungen um sich an mich zu erinnern. Ohne mich zu kennen, sagen diese Beschreibungen nichts über mich aus.

Kollektive Identitäten sind oft ein Bekenntnis zu etwas. Auch als Blogger habe ich, wie die meisten anderen geschrieben, welche Musik, welche Filme und welche Bücher ich schätze. Ich bin Fan vom ..., bin Mitglied bei ... sind ähnliche Bekenntnisse.

Eine europäische Identität ist ein offensives Bekenntnis zu Europa (nicht nur zur EU!). In Abgrenzung zu einer nationalen oder supranationalen Identität wird eine Wertigkeit der verschiedenen Identitäten gegeben.
Wenn ich also in einer Reihung von möglichen regionalen Identitäten schreibe, dass ich Europäer und Niedersachse bin, dann drücke ich hiermit aus, welch hohe Bedeutung Europa für mich hat und das ich Wert darauf lege, nicht pauschal als Deutscher sondern als Mensch aus dem kargen, platten Land, wo es am Waldesrand und in den Moorlandschaften wunderbare Ruhe und Einsamkeit gibt, erkannt zu werden.
Wenn dem Niedersachsen wiederum verschiedene Eigenschaften zugeordnet werden, dann lege ich aber großen Wert auf eine Differenz zu diesen Plattitüden.

Das es außerdem einen Bezug zum Geburtsort, zum gewählten Heimatort Hannover und darin zu einzelnen Stadtteilen gibt, ist selbstverständlich. Als ein Mensch, der sich für ökologische Fragestellungen, Menschenrechte und Astronomie mehr als interessiert, bin ich natürlich auch vor allem ein Erdenbürger.

Eine Europäische Identität verstehe ich wie früher den Internationalismus als ein Ziel.

10. März 2006

Selbsterkenntnis

Manchmal ist es viel zu leicht, auf die Ignoranz der Anderen zu schimpfen. Nicht jede Person hat die Zeit und die Neugier, jeder Tag erneut sich mehr als eine Stunde aktuellen Nachrichten und einer Debatte über die Nachrichten sowohl auf einer kontextuellen als auch auf der Meta-Ebene zu widmen. Es ist ein unschätzbares Privileg sich stets aufs Neue von der harten Realität des Geldverdienens und der sozialen Interaktion zu lösen und einfach
nach
zu
denken.
Ich werde weiter über Ignoranz in Zeiten von so genannter Vogelgrippe und ähnlichen medialen Events streiten. Noch regt es mich täglich auf und erinnert mich daran, dass dies auch eine Definition davon ist, dass ich noch lebe.

20. Februar 2006

Originalversionen im Kino in Hannover

Hannover hat 26 kommerzielle Filmleinwände, aber dies bedeutet nicht unbedingt, dass es ein zufrieden stellendes Filmangebot gibt. Alle Leinwände an fünf Standorten gehören zum selben Konzern. 20 bedienen das Popkornkino und 6 sind so genannte Programmkinos mit diversen Filmen im Monat.

Ich gehöre zu den Menschen, die gerne englische und US-amerikanische Filme (immerhin 90 Prozent des Angebotes!) im Original sehen würden. Leider ist dies in Hannover nur bedingt möglich. Die wöchentliche Programmübersicht ist ein Trauerspiel. Meine Anfrage bei der Cinemaxx-Zentrale in Hamburg, warum denn nur sehr wenige Filme und dann auch nur für eine Woche im Original gezeigt werden, ergab, dass es eine betriebswirtschaftliche Entscheidung ist, nur wenige Filme auch als Originalversion (=OV) zu zeigen.
Die Betriebswirtschaft halte ich für vorgeschoben, denn ich besuche manchmal auch Vorstellungen am Nachmittag oder in der Spätvorstellung und dann dürften eigentlich keine Filme gezeigt werden, da sich manchmal nur 10 Leute im Saal verlaufen. Und 10 Leute würde sich bestimmt finden, wenn es so etwas wie einen regelmäßigen OV-Termin gibt.

Meine Konsequenz: Abende in echten Großstädten verbringe ich im Kino, denn dort laufen die Originalversionen. Hier im Dorf Hannover rechnen sich solche Veranstaltungen nicht.

In Moskau, New York und Tokio
Fremdsprachen lernen, das kann ich auch so
und wenn wir nicht klagten, wie schlimm es hier wär
wollten aus aller Welt wirklich alle hier her.
(Zitat: "Kleines Hannoverlied" von Männer angstfrei
10. Februar 2006

Wolfgang Hars 2001 Männer wollen nur das Eine

HARS, Wolfgang „Männer wollen nur das Eine und Frauen reden sowieso zu viel. Eine Faktensammlung", Berlin 2001.

Unregelmäßig schaue ich im Laden von Zweitausendeins und letztens lag das genannte Buch auf dem Restestapel. Es ist eine unterhaltsame Sammlung rund um die vielen Vermutungen, Halbwahrheiten und ausgesprochenem Schwachsinn zum unerschöpflichem Themenfeld Frauen und bzw. gegen Männer. Männer behaupten vieles über Frauen, Frauen behaupten vieles über Männer und beides hat seine Authentizität aus dem Wissen, dass dies doch schon lange bekannt sei.
Es ist kein wichtiges Buch, aber oftmals amüsant, wenn mit Erkenntnissen aus Gehirnforschung, Evolutionsbiologie, Medizinstatistik und Psychologie hinter viele Thesen und Themen des Smalltalks geschaut wird.
Also, wer schon immer wissen wollte, wie das mit G-Punkt, Samenstau, vererbter Intelligenz, der Symbolik des Eherings, weiblicher Hysterie, dem starken Geschlecht und Blondinen in Wirklichkeit ist, hat an 18 Abenden Bettlektüre. Denn es sollte beachtet werden, dass der Autor kein Schriftsteller ist und wer mehr als ein Kapitel mit seinen jeweils 5-6 Fragen und Hintergründen liest, wird sich an den Wiederholungen von Worten und Phrasen stören.

6. Februar 2006