Samuel Huntington hat mal wieder einen von sich gelassen. Nach seinem skandalösen „Clash of Civilizations“ (2002) -typisch falsch als „Kampf der Kulturen“ übersetzt- liegt nunmehr „Who Are We? The Challenges to America’s National Identity“ vor. Es ist immer wieder bestürzend, dass solche Bücher im populären Diskurs als wissenschaftlich angesehen werden. Ich denke dabei u.a. an die Lachnummer „End of History“ von Francis Fukuyama, der sich in den USA als Professor bezeichnen darf. Wieder ein Krisenbuch von Herrn Huntington, nur diesmal speziell gegen die mexikanische Überfremdung. Berndt Ostendorf, Professor für nordamerikanische Kulturgeschichte und Direktor des Amerika-Institutes der Ludwig-Maximillians-Universität München, analysiert in den gerade erschienen IMIS-Beiträgen 27 (Dezember 2005) das Buch und seine Rezeption.
Michael Moore hat in seiner Form des Populismus die Debatte über den amerikanischen Charakter auf das Phänomen „Angst“ konzentriert. Huntington spielt auf einem ähnlichen Instrument. Prof. Ostendorf unterscheidet fünf grundlegende Ängste, die in populären und populistischen Äußerungen in den Medien immer wieder genannt werden. 1. Die Angst „vom wahren Pfad“ des christlichen Amerikas abzuweichen. 2. Die Angst, dass die Nation durch die Globalisierung bedroht ist. 3. Die Angst, dass die Gemeinschaft (christliche Gemeinde; Nachbarschaft, etc.) zerbrechen kann. 4. Die Angst fremd bestimmt zu werden (elitäre Zentralregierung, UNO, fremde Mächte). 5. Eine rassistisch, biologisch oder kulturell begründete Angst vor Überfremdung und Vermischung. Ostendorf führt aus, dass Huntington alle fünf genannten amerikanischen Urängste gegen die mexikanische Einwanderung verwendet.
Leider bedeutet der hoch interessante Aufsatz von Prof. Ostendorf, dass ich nun das Buch von Huntington lesen muss.
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