Freitag, Februar 26, 2010

Ist Radio Flora noch zu retten?

(Archiv: Blogbeitrag vom 10.10.2008)

[Nachtrag 07.11.08: NEIN! Radio Flora wird abgeschaltet. Die dürre Begründung spricht Bände, andere Anbieter wird eine größere inhaltliche Vielfalt ermöglichen. Es war und ist eine explizit politische Entscheidung. Radio Flora war nie links, aber bürgerbewegt, also mit Sendungen aus dem alternativen Milieu, der Gewerkschaften, attac UND der Anti-Atom-Bewegung. Der Anfang vom Ende war die Beschwerde /Drohung eines CDU-Abgeordneten gegen Radio Flora, als diese wieder einmal den Protest gegen ein Castor-Transport nach Gorleben live begleiteten]

Gestern fand im Pavillon Hannover eine Veranstaltung für und mit Radio Flora - den nicht kommerziellen Radiosender der Region Hannover - statt, die auch live übertragen wurde. Es war dies eine Mischung von Musikalisch-literarischen Teilen und zwei Gesprächsrunden mit Prominenten.


Musikalisch begann es mit dem Duo Christian Sölter und Holger Kirleis, die seit einiger Zeit mit "Piano mit Punk, Chanson mit Punch" auftreten.
Es folgte eine Lesung von Henning Chadde, der mit seinen Betrachtungen zum Fährmannsfest und zum Denglisch viele Lacher erhielt.

In einer ersten Gesprächsrunde mit Heidrun Merk (Vorsitzende Paritätische, SPD, Ex-Justiz, Sozial und Europa-Ministerin), Eckhart Pohl (Hörfunkchef NDR Hannover) und Prof. Dr. Joachim Perels (Politologe, UNI Hannover). Sie machten Statements zur Funktion eines Bürgerfunks.
Eckhart Pohl sieht dabei einen Sender wie Radio Flora nicht als Konkurrenz, denn deren lokale An- und Einbindung kann ein Sender wie der NDR selbst in seinen lokalen Fensters nicht bieten, da er von der Struktur stets die Mehrheitsgesellschaft, welche mit ihren Rundfunkgebühren die Öffentlich-Rechtlichen finanzieren, im Auge und Ohr haben muss. Ein Bürgerradio kann und soll dagegen auch die Minderheiten darstellen. Wenn das konkurrierende Radio Team Niedersachsen nun eine Teilfinanzierung durch Werbeeinnahmen erreichen möchte, was nach einer Änderung des Landesmediengesetz durch die CDU-FDP-Regierung möglich ist, würde das Lokalradio einfach ein weiterer Konkurrent neben ffn, Radio 21 und Antenne sein. Er verwies auch darauf, dass Radio Flora Medienkompetenz vermittelt. Im NDR sind bereits mehrere Mitarbeiter tätig, die ihre erste Erfahrung bei Radio Flora gesammelt haben.
Heidrun Merk verwies auf das von ihr damals vorgelegte ursprüngliche Landesmediengesetz, dass die Gründung und Finanzierung von Bürgerradios ermöglichte und das Radio Flora seit seiner Programmreform diesen Erwartungen entspricht.

Sölter/Kirleis hatten im Anschluss einen zweiten Auftritt. Ihre Interpretationen von Nena "99 Luftballons", Ton Steine Scherben "Allein machen sie dich ein" und Hammerhai "Frühstück Mit Mir" sind einfach grandios gewesen!

In einer zweiten Runde fanden sich Nesrin Odabasi vom Bundesausländerbeirat, Dietrich Burggraf (Direktor der VHS-Hannover) und Hauke Jagau (Präsident der Region Hannover) auf der Bühne ein. Frau Odabasi wurde natürlich zum Fremdsprachenangebot von Radio Flora befragt. Sie sagte, dass diese lokalen Fenster in Herkunftssprachen essentiell für eine gelungene Integration sein, aber schließlich in zweisprachige Sendungen münden sollten. Herr Burggraf ist indirekter Förderer von Radio Flora, da die VHS Fortbildungen speziell für Mitarbeiter des Radio anbietet und sieht in dieser Vermittlung von Medienkompetenz auch eine wichtige Aufgabe im Bürgerradio. Zwischenzeitlich sind 400 Menschen überwiegend ehrenamtlich für Radio Flora tätig.
Unser Regionspräsident betonte seine unparteiische Haltung und sagte, dass er auf jeden Fall weiterhin mit dem Lokalradio zusammenarbeiten wird, egal wer denn nun im November die Sendelizenz erhält. Er verwies aber auch auf die guten Erfahrungen, die mit Radio Flora gemacht wurden, wenn diese mit dem Ü-Wagen oder Redakteuren an Veranstaltungen teilnahmen, die im NDR oder der Zeitung keine Erwähnung fanden (unsere beiden Madsack-Zeitungen - die hannöversche Illusion von Meinungsvielfalt - nahmen von dieser Veranstaltung wie üblich keine Notiz).
Erfreulicherweise war es auch in dieser zweiten Runde keine reine Lobhudelei auf Radio Flora. Es wurden stets auch auf die Probleme und Mängel des Senders verwiesen, obwohl natürlich eher Sympathie für das bestehende reformierte Programm geäußert wurde.

Nach diesem Gespräch wurde die Live-Übertragung von Radio Flora beendet und die Hildesheimer Gruppe Trillke Trio bereitete ihr Konzert vor. Leider (1.) dauerte der Soundcheck ein wenig zu lange, so dass etliche Gäste der Veranstaltung den Saal verließen und (2.) war der Klang erbärmlich. Ich saß in der ersten Reihe und konnte so Saxofon und Perkussion gut hören, die nur manchmal auch über die Boxen zu hören waren. Das ist wirklich schade, denn das Trillke Trio ist etwas besonderes (siehe auch meine kurze Notiz zum Auftritt).

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