Dienstag, Juni 27, 2006

Akwaaba Hall

Ghana gegen Brasilien in der Akwaaba Hall.

Ein ghanaischer Geschäftsmann, der seit mehr als einem Jahrzehnt einen Afro-Shop (Lebensmittel, Kosmetika, Musik und afrikanische Stoffe) in der Innenstadt von Hannover betreibt, hatte die gute Idee in einer ehemaligen Lagerhalle ein Veranstaltungszentrum zu eröffnen.
Es gibt viele ghanaische Events, die selbst in einem großen Haus nicht mehr durchzuführen sind. Dies hat etwas mit der Zahl und Lautstärke der Gäste zu tun. Wer einmal ein Outdooring (am 8. Tag nach der Geburt erhält ein Baby seine Namen, darunter den Namen für den Wochentag; stirbt ein Säugling bis dahin, dann bleibt das Baby namenlos und wird vergessen) oder einen Memorial Service (40 Tage, 1 Jahr, 2 Jahre, etc. nach dem Tod) mitgemacht hat, kennt die vielstimmigen Gespräche und Gesänge und die laute Musik aus der Konserve, die immer wieder durch echte Trommeln verstärkt wird.

Heute fuhr ich erstmals zur Akwaaba Hall im Nachbarstadtteil. Sie liegt mitten in einem kleinen Gewerbegebiet zwischen einem Wohngebiet und dem großen Polizeiareal mit seinen Kavallerie und technischen Abteilung. Hier kann getrommelt werden, im Wohngebiet würde davon nicht viel bleiben. Die Lagerhalle ist von außen noch an der Lieferrampe zu erkennen. Der heutige Saal bietet alles für Veranstaltungen: Bar, Küche, Bühne, Beamer und Lüftungssystem. In einer ruhigen (?) Spielphase schätzte ich einmal die Zahl der Besucher. Es waren mindestens 250 Erwachsene (und sehr viele Kinder) anwesend, davon bestimmt 180-200 Schwarze, die vermutlich alle ihre Wurzeln in Ghana haben, auch wenn viele vermutlich bereits Deutsche sind.

Natürlich gab es auch Fußballkarneval. Das Gesicht in den Farben der ghanaischen Flagge mit dem Black Star, der die Nase verdeckte, viele in Nationaltrikots und noch mehr mit der ghanaischen Fahne als Hüfttuch.

Während der Pause begrüßte ich die Köchin, die zur Zeit bei uns im Haus zu Besuch ist und bestellt "grilled Tilapia with Pepper and Banku". Alle drei Elemente hatte ich seit meiner Abreise aus Accra im Spätsommer 1999 nicht mehr gegessen. Der Pepper (zerquetschter frischer afrikanischer Pfeffer mit Tomaten und Zwiebeln) war endlich mal wieder scharf. Ich kann selbst jetzt Stunden danach noch schmecken und deutlich im Bauch spüren (und Morgen gilt: „ein guter Pfeffer brennt zweimal, haha“). Tilapia ist ein wohl schmeckender Fisch und Banku ist ein relativ geschmackloser großer weißer Klotz, der als Beilage für Pepper & Fish dient. Natürlich brachte sie mir eine Wasserschale zum Reinigen und erwartete, dass ich mit den Händen esse. Die Weißen am Nachbartisch bekamen ungefragt Gabeln. Jedes westafrikanische Essen (selbst „groundnut soup“) wird mit der Hand gegessen. Dafür wird ja Fufu oder Banku gereicht. In ein Kügelchen wird eine Grube gedrückt und mit der Suppe gefüllt und zum Mund geführt.
Ich aß langsam. Zum einen wegen des Genuß, zum anderen wegen der vielen Gräten und der Schärfe des Pfeffers (lange nicht mehr beim Essen gehustet!).

So fing die zweite Halbzeit ohne mich an. Nach dem Geräuschpegel zu urteilen, war Ghana die dominierende Mannschaft und wenn ein brasilianischer Spieler düpiert wurde, wurde gejohlt, als wenn ein Tor gefallen ist.

Ghana gewann 5:2 nach gelben Karten und verlor 0:3 nach Toren. Es war der übliche Fußballnationalismus zu beobachten: Jedes Foul der eigenen Mannschaft war legitim und die am Boden liegenden Gegner waren Memmen und natürlich pfiff der Schiedsrichter für die Brasilianer. Warum müssen Fußballfans eigentlich stets ihr Gehirn vor Spielbeginn ausschalten. Als ich in der Halbzeitpause sagte, dass ich glaube, dass Brasilien das Spiel gewinnt, wurde mir sogleich unterstellt, dass ich gegen Ghana bin. Erst als ich das Bild wählte „my heart is for Ghana, but my brain knows that Brazil will win“ wurde meine Meinung nicht mehr mißverstanden.

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