Verschiedene EU-Länder wurden eingeladen mit Soldaten die ersten demokratischen Präsidentschaftswahlen im Kongo abzusichern. 1.500 Soldaten sind für diesen Einsatz vorgesehen, davon jeweils 500 aus Frankreich und Deutschland. Dieses militärische Unternehmen wird für alle beteiligten Länder aus dem Hauptquartier für Auslandseinsätze der Bundeswehr bei Potsdam gesteuert. Bisher ist bekannt, dass Frankreich 250 Mann Kampftruppen in Kinshasa am Flughafen und in einem Hauptquartier in der Stadt stationieren wird, die Bundeswehr entsendet 20 Stabsoffiziere und 80 Fernmeldetechniker zum Flughafen Kinshasa, 100 weitere Fallschirmjäger warten abrufbereit in Libreville, der Hauptstadt vom Gabun. Bis zu 300 weitere Soldaten stehen auf dem Kriegsschiff „Berlin“ vor der Küste zur Verfügung. Soldaten aus anderen Ländern sollen die Einsatzkräfte am Flughafen verstärken.
Es ist eine von diesen Verdummungsaktionen des Militärs unter falschem Titel, die mit diesem Einsatz angekündigt wird. 1.500 Soldaten können keine Präsidentschaftswahl im Kongo absichern!
Hier einige Fakten. Der Kongo hat eine Fläche von 2,35 Millionen Quadratkilometers - zum Vergleich die alte EU12 (inkl. DDR) hatte 2,36 Millionen Quadratkilometer. Im Land leben zwischen 50-60 Millionen Menschen, davon vermutlich 8 Millionen in der Metropole Kinshasa.
Um die Absurdität dieses vermeintlichen Vorhabens zu verdeutlichen, möchte ich weiterhin den Vergleich mit der alten EU12 pflegen. Man stelle sich vor: 1.500 Soldaten aus mehreren asiatischen Staaten sollen die erst Wahl eines Europapräsidenten absichern und richten hierfür ein Hauptquartier in der Innenstadt von Berlin und am Flughafen Schönefeld ein. Das Unternehmen wird aus Neu Delhi gesteuert - dies entspricht etwa der Entfernung Kinshasa-Potsdam. Kampftruppen für den Notfall sind zum einen auf einem Schiff vor Helgoland - dies entspricht der Entfernung vom Kriegsschiff „Berlin“ nach Kinshasa - und in Riga, Lettland stationiert - was etwa dies der Entfernung Libreville-Kinshasa entspricht. Es werden nur Truppen in Berlin zum Einsatz kommen, was in London, Paris, Madrid oder Rom während der Wahlen passiert, gehört nicht zum militärischen Auftrag.
Reicht dies, um zu verdeutlichen, dass es um vieles geht, aber definitiv nicht um eine Absicherung der Wahlen im Kongo.
Ein Oppositionspolitiker aus Kinshasa im Interview und dort lebende europäische Geschäftsleute (in einer Reportage aus Kinshasa) sprechen deutlich aus, worum es geht.
Zum einen soll der Diktator Joseph Kabila nun demokratisch legitimiert werden. Die EU-Staaten haben zur Zeit ein Legitimationsproblem, da eigentlich nur finanzielle Hilfe an Staaten mit Good Governance gezahlt werden darf und damit die Mittelmacht Kongo eigentlich von staatlicher Förderung ausgeschlossen ist und auch Bürgschaften zur Absicherung von europäischen Unternehmungen nur schwierig gegenüber der Öffentlichkeit zu begründen sind. Aktivitäten europäischer Unternehmen (z.B. die deutsche Firma Danzer, die aktiv Raubbau im Regenwald betreibt) und Organisationen konzentrieren sich auf Kinshasa und hier ist der zweite Begründung des kommenden Einsatzes zu finden. Die angekündigten EU-Soldaten werden bereits in der kongolesischen Öffentlichkeit als Unterstützung für Kabila angesehen und wenn dieser zu dreist seinen Wahlsieg deklariert, dann wird es zu heftigen Unruhen im Großraum Kinshasa kommen. Die Truppen reichen vielleicht zur Absicherung der Evakuierung von Europäer und Teilen der kongolesischen Elite!
Eine Notiz zum Kongo. Kinshasa ist nicht der Kongo, so wie London auch nicht mit Großbritannien gleichgesetzt werden kann. Der Kongo ist neben Somalia, Liberia, Sierra Leone und eigentlich auch Nigeria ein deutliches Beispiel für einen in der Wissenschaft als „failed state“ bezeichnetes Territorialgebilde. Die kolonialen Gebiete mit ihren willkürlichen Grenzen wurden in die Unabhängigkeit entlassen und die genannten Staaten haben es entweder nicht geschafft einen Nationalstaat zu etablieren (Nigeria) oder sind durch lang anhaltende Kriege in verschiedene Herrschaftsgebiete aufgespalten (Somalia in Mogadischu, Südsomalia, Somaliland und Puntland) oder werden in großen Teilen von Warlords (Kongo, Sierra Leone, Liberia) kontrolliert. Der Einfluss der international anerkannten Regierung reicht entsprechend nur bis in Teilgebiete des Staates. Der Staat Kongo ist eine Fiktion aus dem Schulatlas.
Eine weitere kleine Notiz der letzten Woche entbehrt nicht einem Zynismus der deutschen Militärpolitik. Der zuständige Minister möchte ein zentrales Denkmal für im Einsatz getötete Bundeswehrsoldaten errichten. Im Einsatz sind bisher erst wenige Soldaten in Afghanistan (dabei u.a. friendly fire durch US-Truppen) und dem ehemaligen Jugoslawien getötet wurden. Ein Kampfeinsatz im Kongo wird die Zahl der Toten schlagartig erhöhen.
Ein Denkmal als Kranzabwurfstelle statt einer Erhöhung der Hinterbliebenenrente und Invalidenrente für auf Befehl verbrauchte Menschen wäre sinnvoller. Doch auch hier geht es um den Schein und nicht um die Realität.
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