Um die Influenza als Epidemie bei Menschen in Deutschland zu verstehen, ist ein Blick in die Geschichte zwingend. Die aktuelle Aufgeregtheit im Kontext einer (definitiv) kommenden Pandemie eines neuen Influenza-A-Virus zeugt vor allem vom Vergessen der Erfahrungen vorheriger Pandemien.
Die letzte Pandemie mit einer vollständigen Änderung des Influenza-A Subtyps (von H2N2 nach H3N2) begann 1968 und erhielt nach den Ursprung der ersten Meldungen den Namen Hongkong-Grippe.
Die Geschwindigkeit der Krankheitsausbreitung korreliert unmittelbar mit der maximalen Reisegeschwindigkeit der Menschen. Entsprechend erreichte die Pandemie sehr schnell auch Deutschland. Von den Flughäfen breitet sich eine Infektion erst langsam aus. Es kann Monate dauern, bis ein Virus ein Land durchquert hat. Influenza ist eine Winterkrankheit, da der Virus durch Sonnenlicht und Temperatur zerstört wird. Entsprechend enden Epidemien im Frühjahr und nur eine schwache Infektionskette bleibt im Land bestehen. Erst mit den nächsten Winter setzt sich eine Epidemie fort. 1968 bis 1970 kam es zu Grippeepidemien in Deutschland mit einer deutlichen Erhöhung der Gesamtmortalität (alle Ursachen) und der Influenza-Mortalität. Dabei gibt die Todesursachenstatistik nur ein unvollständiges Bild von diesen Epidemien. Tote einer Influenza-Epidemie werden in der Mehrzahl unter den Sekundärerkrankungen (vor allem Lungenentzündung) registriert.
Jede Influenza-Saison fordert Tausende von Toten vor allen bei den Senioren und in geringer Zahl bei Säuglingen. Eine neuer Virussubtyp gefährdet stets alle Jahrgänge.
Eins sollte klar sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine neue Pandemie in Deutschland beginnt, ist verschwindend gering. Es benötigt viele erkrankte Menschen, damit der Influenzavirus sich so weit an den Menschen anpasst, dass er von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.
Jetzt sind Deutschland Wildvögel und eine Katze infiziert und in geringer Zahl gestorben. So what? Infizierte Katzen wurden bisher aus den Niederlanden, dem Irak und weiteren asiatischen Ländern gemeldet. Die Zahl der Länder, die nun infizierte Vögel melden, wird wöchentlich länger. Bei weniger als 200 toten Tieren wurde in Deutschland bisher H5N1 nachgewiesen. Es wurden aber bereits viele Tausend tote Vögel untersucht. Die Infektion steht erst am Anfang.
Zwei Prognosen. 1. Die Tierepidemie wird durch den beginnenden Vogelzug einen ersten quantitativen Sprung erleben, aber erst mit der nächsten Saison im Winter 2006-07 zu einem Massenphänomen. 2. Die kommende Pandemie beim Menschen wird nicht mehr in dieser Saison Europa erreichen. Die Angst vor zu geringen Beständen an Tamiflu und Relenza ist deshalb nicht begründet, da die Vorräte bis zur nächsten Saison kontinuierlich weiter aufgefüllt werden. Menschen, die sich fürchten, sollten unbedingt die allgemeine Influenza-Schutzimpfung (ein Gemisch von Influenza-B und zwei verschiedenen Influenza-A-Subtypen) vornehmen lassen. Dies hilft nicht gegen eine H5N1-Pandemie, aber der allgemeine Immunstatus gegen Influenza wird deutlich erhöht. Im Fall einer Epidemie hilft nur Wegducken und warten auf eine Abschwächung vom Virus, den Frühling mit seinen Sonnenstrahlen und eine zielgerichtete Schutzimpfung (Entwicklungszeit von 2-3 Monaten und 6 Monaten bis zur Herstellung von genügend Impfstoff für eine Massenimpfung).
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