Kriminalität erreicht meine Welt nur sehr selten und verglichen mit der durch Medien und Politik angefachten Bedrohungshysterie lebe ich auf einer „Insel der Glückseeligen“. Seit meiner Kindheit war ich schon Opfer von (in dieser Reihenfolge): Körperverletzung, Diebstahl, Polizeiwillkür, Betrug, Diebstahl, bewaffneter Überfall, Diebstahl, Wohnungseinbruch und wieder Diebstahl. Nur zwei Mal wurde dies auch durch einen administrativen Vorgang dokumentiert (=Anzeige). In allen anderen Fällen verbuchte ich diese Angriffe auf mich und meinen Besitz unter den Begriff Lehrgeld. Jeder aufgezählte Diebstahl wäre zu verhindern gewesen.
Indirekt als Beobachter oder in den persönlichen Erlebnissen von Familienmitgliedern und Freunden ist es dann doch mindestens ein Kriminalfall im Jahr.
Gestern war wieder so ein Tag. Meine Mutter kam gestern in Hannover an und heute fahren wir gemeinsam weiter zu einen Familienurlaub an die Nordseeküste. Ich unterhielt mich gerade mit einer Nachbarin im Hinterhof über die kommende Ankunft unserer US-Amerikanischen Vermieterin, als sie ins Haus kam. Wir begrüßten uns kurz, doch sie ging schnell wieder raus, da ihr Wagen zum Gepäckausladen in der zweiten Reihe stand. Ich sagte ihr nur kurz, dass ich gleich beim Auspacken helfen würde. Sie begann wie üblich mit dem Pendeln zwischen Auto und der vielleicht zehn Meter entfernten Haustür, wo sich ihr Gepäck sammelte. Nach etwa zwei Minuten begann ich das Gepäck hineinzutragen, als sie bereits mit der letzten Fuhre kam. Sie schaute auf die Gepäckstücke im Hausflur und fragte, ob ich schon etwas nach oben in die Wohnung getragen habe. Als ich verneinte, stellte sie fest: Mein Kulturbeutel ist weg!
Ihr Kulturbeutel ist kein solcher, sondern Teil eines Koffersets und sie nutzte den stets zu großen Schminkkoffer auch und vor allen für die Sachen, die andere in einen Kulturbeutel packen würden (Zahnbürste, Seife, Shampoo, etc.). Vom Design her sah dieser Koffer mit seinen langen Trageschlaufen wie eine missglückte große Handtasche aus. Die Rekonstruktion des Geschehens ergab, dass meine Mutter vermutlich mit dem Kopf im Kofferraum einige Teile umpackte und ein vorbeigehender DIEB die im Türbereich stehenden Objekte sah, die wenigen Meter zur Tür abbog, die vermeindliche Handtasche griff, zurück auf den Fußweg dieser reinen Wohnstraße ging und unauffällig seinen Weg fortsetzte.
Meine Mutter war verständlicherweise aufgelöst. Sie suchte einen Parkplatz, während ich die verbliebenden Gepäckstücke in die Wohnung trug. Sie kam nach und war in Panik, da sie nicht genau wusste, was alles mit der Tasche gestohlen wurde. Es war wie üblich eines der letzten Gepäckstücke und entsprechend wurden in die nicht vollständig gefüllte Tasche auch Sachen gesteckt, die nicht unbedingt in einem Kulturbeutel erwartet werden. Wo waren die Notfallmedikamente, wo war der Briefumschlag mit den 200 Euro?
Ich versuchte zunächst alleine meine Mutter zu beruhigen und gab ihr dann zusätzlich noch ihre Tochter per Telefon ans Ohr. Mit meinem Schwager versuchte ich mich in den Dieb hineinzudenken. Es kamen für mich nur zwei Täterprofile in Frage, die beide aber auf „Gelegenheit macht Diebe“ basierten. Entweder ein echter Dieb, der zufällig vorbeikam oder ein junger Mensch der den schnellen Griff auch wegen des Kitzels der Spannung macht. Doch egal; wir gingen davon aus, dass der Dieb wie andere Handtaschen- und Brieftaschenräuber kaum außer Sichtweite den Inhalt der Tasche prüfen würde und danach die Tasche entsorgen würde. Ich begab mich also auf einen Sherlock Holmes-Spaziergang und beäugte im 500-Meter-Umfeld die Vorgärten, Papierkörbe, Müllcontainer, das Straßenbegleitgrün und einen sehr großen Spielplatz mit vielen Büschen. Leider ohne Erfolg.
Ergebnis: Koffer und Inhalt haben einen Wiederbeschaffungswert von etwa 100 Euro. Das ist viel Geld für meine Mutter. Doch was schlimmer ist, dies war zeitnah der zweite Diebstahl. Erst vor zwei Jahren war der Kofferraum ihres Wagens aufgebrochen und damals neben den Schaden am Auto ein Rucksack mit Handtasche und allen Papieren von einem Parkplatz geklaut wurden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen