Die Europawahlen 2009 waren ernüchternd, hatten aber auch einige positive Ergebnisse, die in der Berichterstattung zu kurz gekommen sind.
Der Grundton der Zeitungen am Montag und Dienstag nach den Wahlen war: Niedrige Wahlbeteiligung – Stagnation der Linken – Niederlage der SPD – bürgerliche Mehrheit bestätigt.
Haben die Journalisten andere Wahlen beobachtet? Alle vier Schlagzeilen möchte ich im Folgenden auf den Kopf stellen oder eigentlich vom Kopf auf die Füße stellen.
Zunächst ein Blick auf die offiziellen Zahlen, die auf der Seite des Bundeswahlleiters zu finden sind. Ich vergleiche im Folgenden die Zahlen von Hannover mit Niedersachsen und Deutschland.
Die Zahl der Wahlberechtigten und der Wählenden hat zugenommen. Die ungültigen Stimmen, die auch die bewussten Enthaltungen (leere oder durchgestrichene Wahlzettel) enthalten, haben abgenommen. Entsprechend ist die Zahl der gültigen Stimmen, die Grundlage der in den Medien dargestellten prozentualen Angaben sind, auch gestiegen.
Also
1. Es gab keine niedrigere Wahlbeteiligung!Und wer waren nun die Gewinner und die Verlierer?
Pauschal kann gesagt werden, dass die kleinen unter den etablierten Parteien die Gewinner und die ehemaligen so genannten Volksparteien die Verlierer sind. Klarer Verlierer ist die CDU, die sowohl in Stadt und Land jeweils 12 Prozent ihrer Wähler und bundesweit (ohne Bayern) sogar 14 Prozent verlor. Die Schwesterpartei CSU verlor übrigens nur 8 Prozent. Die Medien hatten mal wieder eine Phantomdebatte geführt, die darüber spekulierte, ob die CSU in Bayern so viele Stimmen verlieren würde, dass sie damit bundesweit an der 5 Prozent-Hürde scheitern würde. Die CSU hätte 38% ihrer Stimmen verlieren müssen, damit dies passiert.
Für die SPD gab es Verluste in Hannover (-0,3%) und auf der Bundesebene (-1,4%), doch in Niedersachsen wählten 0,3% mehr Menschen die SPD als vor fünf Jahren.
2. Herbe Niederlage der CDU, weitere geringe Verluste der SPD!Der große Gewinner war die FDP, die 84 Prozent mehr Wählerstimmen bundesweit auf sich vereinigen konnte als 2004. Im Land Niedersachsen waren dies 66 Prozent mehr und in Hannover immer noch 612 Prozent mehr. Doch dieser Zuwachs brachte nur näher an die Grünen.
Denn die Grünen wuchsen auch und blieben damit drittstärkste Partei in Deutschland, Niederachsen und Hannover. In der Großstadt ist das Potenzial ausgereizt. Der Zuwachs betrug nur noch 0,3 Prozent, Im Land waren es 5,3 Prozent und auf Bundesebene 3,7 Prozent.
Die Linke hat sich fünfte parlamentarische Kraft trotz der Polemik der Medien etabliert. Auf Bundesebene wuchs die Zustimmung zu dieser Partei um 24,7 Prozent und in Niedersachsen sogar um 129,6 Prozent, in Hannover waren es auch noch immer 106,4 Prozent.
3. Die Zustimmung zur Linken wächst!Auf Bundesebene haben CDU-CSU-FDP zusammen 12.854.091 Stimmen auf sich vereinigt, dies sind 188.237 oder 1,4 Prozent weniger Stimmen als 2004. dagegen haben SPD-GRÜNE-LINKE zusammen 10.633.849 Stimmen auf sich vereinigt, was 427.041 oder 4,2 Prozent mehr als 2004 sind.
4. Die bürgerliche Mehrheit schmilzt zugunsten einer linken MehrheitDa nur diese genannten sechs Parteien, die weniger als 90 Prozent der gültigen Stimmen auf sich vereinigten, an der Verteilung der Sitze zum Europäischen Parlament berücksichtigt werden, reduzierte sich das bürgerliche Lager von 56,1% auf 54,7% und entsprechend wuchs die Gegenseite von 43,9% auf 45,3%.
Wie eben schon angedeutet, entfielen 10,8% der Stimmen auf andere Parteien.
Diese Gruppe der „übrigen Parteien“ wuchs in Hannover um 7, in Niedersachsen um 9 und im Bund um 12 Prozent. Dies waren nicht die etablierten kleinen Parteien, die bereits 2004 und früher kandidierten. Sowohl die konservative ÖDP, wie die rechtsradikalen Republikaner als auch die obskuren Tier- und Familienschützer, alle vereinigten sie wenigen Stimmen auf sich als noch vor fünf Jahren. Der Zuwachs stammt vor allem aus den Parteien, den Freien Wählern, der Rentnerpartei oder der Internetpartei „Piraten“. Besonders erfreulich ist, dass auf Bundesebene die rechten Republikaner mehr Stimmen verloren, als die neu kandidierende DVU gewann. Dies gilt leider nicht für das Land Niedersachsen und Hannover. In Niedersachsen hat die Kombination von Republikanern und DVU 1.618 Stimmen Zuwachs und davon in Hannover alleine 946 Stimmen Zuwachs. Dies waren dann nur 1,1 Prozent aber das sind für Hannover deutlich mehr als erwartet.
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