Mittwoch, Oktober 10, 2012

Archiv: Zu Europas Verfassung

(Ein gekürzter Blogbeitrag vom 16. April 2007)  

In der laufenden deutschen EU-Präsidentschaft soll der Prozess der Ratifizierung einer Verfassung für Europa wieder angestoßen werden.

Zur Erinnerung:
Im Jahre 2003 legte ein durch keine direkte Wahlen legitimierter Konvent zur Zukunft Europas unter dem Vorsitz von Valéry Giscard d'Estaing seinen Vertrag über eine Verfassung für Europa vor. Nach mehreren Gesprächsrunden auf Regierungsebene, die zu vielen Änderungen führten, wurde am 29. Oktober in Rom die Verfassung mit ihren 418 Artikeln von den Regierungschefs unterschrieben. Zur Text des Vertrages über eine Verfassung für Europa (so der offizielle Titel) gehören auch 36 Protokolle und 50 Erklärungen, die nationale Sonderbestimmungen und -rechte aufführen. Dieser Gesamttext wurde am 16. Dezember 2004 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und damit begann offiziell der Prozess der Ratifizierung.

In der Regel erfolgte dies durch einen Beschluss in den verschiedenen repräsentativen, parlamentarischen Institutionen. Entsprechend erhielt die Verfassung Zustimmungsraten von 77 (Litauen) bis 89 (Griechenland) Prozent der Abgeordneten. Spanien, Frankreich, Niederlande und Luxemburg stellten die Verfassung in einer konsultativen Volksabstimmung zur Wahl. Bis Mitte 2005 wollte die Mehrzahl der EU-Staaten den Ratifizierungsprozess abschließen.
In Spanien stimmten am 20. Februar 2005 77 Prozent für die Verfassung. Die hieraus resultierende Euphorie erhielt im Mai einen Dämpfer, als deutlich wurde, dass die Volksabstimmung in Frankreich sehr knapp ausgehen würde. Alle etablierten Parteien in Paris beteiligten sich an einer Kampagne für die Zustimmung zur Verfassung. Dennoch stimmten am 29. Mai 2005 55 Prozent gegen die Verfassung. Nur zwei Tage später fand in den Niederlanden die Volksabstimmung statt und beflügelt vom französischen Ergebnis gegen das politische Establishment stimmten bei hoher Wahlbeteiligung 62 Prozent gegen die Verfassung. Nach diesen Schock für die politische Elite Europas wurden nur noch die laufenden Prozesse abgeschlossen. Die Parlamente in Lettland, Zypern, Malta, Estland, Deutschland und Finnland ratifizierten den Vertragstext und in Luxemburg stimmten 57 Prozent der Bevölkerung in einem Referendum dem Verfassungsvertrag zu.

Der Prozess der Ratifizierung in Dänemark, Großbritannien, Irland, Polen, Portugal, Schweden und Tschechien wurde unterbrochen und seitdem nicht mehr aufgenommen. Bulgarien und Rumänien mussten den Vertrag über eine Verfassung für Europa als Bestandteil der Beitrittsdokumente akzeptieren.

Seit mehr als einem Jahr wird nun diskutiert, wie der Prozess der Ratifizierung wieder belebt werden kann. Einige Regierungen, die den Text bereits ratifiziert haben, weigern sich grundsätzlich den vorliegenden Text noch einmal zu diskutieren und zum Beispiel die immer wieder kritisierten Passagen zur Militarisierung (Artikel 41) und zur neoliberalen Wirtschaftsweise (Artikel 177) zu entfernen oder neu zu formulieren. Ein anderer Vorschlag sieht vor, dass alle Staaten zunächst nur die Charta der Grundrechte der Union (Artikel 61 bis 114) ratifizieren.
Hierzu gibt es den konkreten Vorschlag, den Verfassungsvertrag oder Teile davon zur nächsten Wahl zum Europa-Parlament im Frühjahr 2009 in einem europäischen Referendum den Bürgern zur Abstimmung vorzulegen. Doch gibt es eine große Scheu der politischen Elite Europas , da Mehrheiten in einigen Ländern (Großbritannien) vermutlich grundsätzlich gegen jede EU-Akte stimmen werden und die konsequente Forderung nach einem Austritt aus der EU von keinem Politiker formuliert würde.

Der Text ist kostenlos in den Europäischen Informations-Zentren zu erhalten und vollständig in allen EU-Sprachen im Internet veröffentlicht. Rechts oben auf der Internetseite zur Verfassung muss einfach die Sprache angeklickt werden und schon erscheint das Inhaltsverzeichnis in der gewünschten Sprache (die letzten Links führen schon einmal zu drei Sprachen).

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PS: Wikipedia (deutsch) hat zur Europäischen Verfassung einen sehr ausführlichen Artikel


1 Kommentar:

P.Boonstra hat gesagt…

    Zelf denk ik dat de angst voor een europeese grondwet is dat Nederland zijn liberale verworvenheden prijs moet geven
    een voorbeeld hiervoor is het het beleid van softdrugs.
    Zoals Calimero al zei: want zij zijn groot en ik is klein en dat is niet eerlijk o nee!!!
    20. April 2007 16:28

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