Eigentlich vermeide ich es, über Details meiner Beschäftigung zu schreiben, aber ich muss einen teuren Frust loswerden und dafür sollte ein Tagebuch auch ein virtuelles schließlich der richtige Ort sein. Ich habe heute realisiert, dass ich mindestens 1.050 Euro verloren habe, da meine Beschäftigung und das daraus resultierende Einkommen scheinbar ein nicht vorgesehener Sonderfall in der neuen Gesetzgebung ist.
Als Selbstständiger bin ich es gewohnt, dass ich mein Honorar und Abschläge davon jeweils nach erfolgter Arbeit erhalte. Dies erscheint mir auch als natürlich, denn bis zum ersten Werkstück (Konzept oder Entwurf) kann der Auftraggeber auch nicht bewerten, wie ich arbeite. Dies bedeutet für den finanziellen Haushalt, dass ich in den ersten Monaten einer Beschäftigung von meinen Reserven lebe, die dann mit dem Honorar wieder aufgefüllt werden. So war es bisher.
Nun haben wir Deutschland ein neues Sozialgesetz für Arbeitssuchende und Bedürftige, dass unter dem Namen HARTZ IV für Schrecken und Verarmung sorgt. Eine Bedürftigkeit muss ab dem Tag der Antragstellung auf Unterstützung nachgewiesen werden. Hierzu werden auch alle Sparbücher und Kontoauszüge der letzten Monate bis zum Tag der Antragstellung vorgelegt und überprüft.
Nach der Erstellung der neuen Website für das von mir betreute langfristige Projekt war offensichtlich, dass kein weiterer Vertrag durch einen meiner bisherigen Auftraggeber in den nächsten Monaten zu erwarten war. Auch war keine andere bezahlte Beschäftigung in Aussicht. Die Honorare waren in der Summe so mager, dass ich auch nicht auf eine staatliche Unterstützung für die Sicherung meines Lebensunterhalts verzichten konnte. Ich ging also frühmorgens (dann sind die Schlangen noch übersichtlich) am 6. Dezember zum Arbeitsamt, dass hier nunmehr ARGE „JobCenter in der Region Hannover“ genannt wird, meldete mich erwerbslos und beantragte Mittel zur Unterstützung. Zu diesem Zeitpunkt waren meine finanziellen Reserven deutlich reduziert, da aus meinem letzten größeren Vertrag bisher kein Honorar auf meinem Konto eingegangen war. Die Rechnung hatte ich erst am Ende meines Auftrages übergeben und das war erst 10 Tage her.
Es lief zunächst so ab, wie es mir aus vorheriger Arbeitslosigkeit bereits bekannt war. Nur waren die Formulare länger, die Fragen detaillierter und es mussten deutlich mehr Unterlagen im Original vorgelegt werden. Beim dritten Besuch am dritten Tag lagen alle Dokumente vor und meine Sachbearbeiterin sagte irgend etwas davon, dass ich wahrscheinlich nicht den vollen Satz an Leistungen erhalten würde. Das fand ich zwar ungewöhnlich, aber ich wollte erst einmal den Bescheid abwarten.
Bisher ist es langweilige Verwaltung, doch mit dem Bescheid, der mich in Weihnachtstagen erreichte, erfuhr ich die Merkwürdigkeit der neuen Gesetzgebung. Der Bescheid wies mir Mittel von knapp über 400 Euro pro Monat für Dezember und Januar zu. Mein ausstehendes Honorar für meinen Werkvertrag September-November 2005 wurde als Einkommen für Dezember 2005-Januar 2006 angesehen. Das musste doch ein Fehler sein!
Nach langer Bedenkzeit und den Versuch den Bescheid zu verstehen, legte ich letzte Woche schriftlich Widerspruch ein. Gestern und heute gab es insgesamt zwei Stunden Beratung durch eine Mitarbeiterin des Arbeitsamtes, die ich privat kenne. Der Bescheid ist ihrer Meinung nach korrekt. Das neue Gesetz sei eindeutig. Eine Einnahme zählt dann, wenn sie zur Verfügung steht. Mein Honorar für das Vorjahr steht mir erst jetzt zur Verfügung und entsprechend muss dieses Honorar anteilig von meinen Ansprüchen auf Unterstützung abgezogen werden. Das ich von Oktober bis Dezember keine Einnahmen hatte, zählt nicht, denn als Selbstständiger ist es meine eigene Verantwortung, dass ich regelmäßige Einnahmen habe. Werkverträge werden aber nun einmal nachträglich vergütet und entsprechend leben Selbstständige wie ich dazwischen in einer prekären Situation. Da werden finanzielle Reserven angetastet und aufgezehrt und Einnahmeeingänge eines Projektes erfolgen, während bereits im nächsten Projekt gearbeitet. Ich hätte, wurde mir gesagt, bereits Ende September meinen Antrag auf Unterstützung stellen müssen. Und da wird es absurd. Dieser größere Werkvertrag hatte ein zunächst nicht absehbares Arbeitsende. Vom Auftragsvolumen her hätte ich auch noch deutlich länger dort arbeiten können, aber drei Wochen vor dem tatsächlichen Ende wurde mir gesagt, dass ich innerhalb der nächsten drei Wochen das Projekt abschliessen müsse und meine Arbeitsergebnisse vorlegen sollte. Ich hatte zu dieser Zeit sogar schon wieder einen kleinen Folgeauftrag und entsprechend war während der gesamten Arbeitszeit nie ein Gedanke aufgekommen, mich auf Vorrat als Bedürftiger zu melden und Mittel zu beantragen. Nachträglich dürfen keine Mittel ausgeschüttet werden und wie schon gesagt, dass Gesetz ist eindeutig.
Ich könnte vor Wut schreien, aber das bringt ja gar nichts. Das absurde Gesetz führt dazu, dass ich mindestens 1.050 Euro von meinem Honorar verliere, da das Geld jetzt erst ausgezahlt wird. Meine finanziellen Reserven darf ich damit nicht auffüllen, da nach dem Gesetz erwartet wird, dass diese Ersparnisse für die Zukunft seien und deshalb überhaupt nicht angerührt werden. Man merkt, da haben Beamte, die nur in Kategorien von unbefristeten 40-Stunden-Wochen-Berufen denken, ein Gesetz verfasst, dass Menschen ohne geregelten Einkommen nicht korrekt erfasst.
1 Kommentar:
Das klingt in der Tat nicht besonders begeisternd. Ich habe hingegen so meine Probleme, das komplizierte finnische Steuersystem zu verstehen (von den astronomischen Steuern mal ganz zu schweigen, selbst von meinem mageren Studentengehalt wird erst mal bis zu ein Drittel gleich wieder abgezogen), aber das sind Nebensächlichkeiten im Vergleich zu dem, was du dort durchmachen musst. Hoffentlich ändert sich in der Hinsicht bald was. Sollte Schröders Abwahl nicht zumindest in dieser Hinsicht ein kleiner Lichtblick sein?
P.S.: Wäre toll, wenn du den Link zu meinem Blog updaten würdest - die neue Adresse ist ja jetzt http://www.martinrichter.net/blog ;)
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