Was habe ich früheren Jahren bloß alles gelesen. Ich stand gerade vor meiner Bibliothek und überlegte, welche Bücher neu hinzugekommen sind. Es sind nicht sehr viele, denn in diesen Jahr habe ich mehr Sachliteratur als echte Literatur angeschafft.
Und es war ein Jahr, in dem ich viele Kurzgeschichten und Novellen ein zweites Mal gelesen habe.
Neu ins Regal kamen drei weitere Bücher von Gisbert Haefs. Der Autor hat sich nunmehr in vielen Genres ausprobiert. Ich habe seine drei Matzbach-Krimis (1983-85) genauso genossen, wie sein SF-Zyklus Barakuda (1986). Doch wirklich unterhaltsame Größe hat er in seinen historischen Romanen und Hannibal von 1989 ragt als erstes Werk dieser Form heraus. Nun habe ich den politischen Krimi „Das Kichern des Generals“ (1996), eine Ergänzung zur Welt von Hannibal und Qart Hadasht mit dem antiken Krimi „Hamilkars Garten“ (1999) und schließlich „Raja“ (2000) gelesen. Gisbert Haefs Romanwelten sind eine Herausforderung, da es zwar einen kleinen Kreis von Hauptpersonen gibt, aber eine Vielzahl von Charakteren eingeführt und beachtet werden müssen, um der Erzählung in allen Facetten folgen zu können.
„Das Kichern des Generals“ ist ein Blick auf die durch Militärs verseuchte politisch-wirtschaftliche Realität Südamerikas. Ausgewiesene Diktaturen gibt es nicht mehr, aber viele der Verbrecher gegen Menschlichkeit sind weiterhin Strippenzieher oder stille Teilhaben im System. In diesem Milieu handelt diese teilweise wie eine Satire klingende Geschichte von Drogenhandel und den Hintergründen auf den Bombenanschlag auf das jüdische Zentrum in Buenos Aires. Geheimdienste mit ihrer unappetitlichen Weltsicht von den mehreren Regierungen kochen ihre Suppen und werden als Köche genutzt. Dazwischen stecken die Hauptpersonen, die erst allmählich begreifen, dass sie nur Bauern auf dem Schachbrett sind und ihr Überleben ihr höchstes Ziel sein sollte. Keine große Literatur, aber genau das richtige für lange Abende oder für einen Urlaub.
„Hamilkars Garten“ handelt nach dem später so genannten 1. Punischen Krieg, im Roman konsequent der Große Krieg genannt. Ein toter Römer in Qart Hadasht bedroht den brüchigen Frieden und ein römischer Offizier wird zur Untersuchung dieses Mordes in die Stadt gesandt und zusammen mit dem Geheimdienstchef der Stadt werden die einzelnen Fäden aufgedröselt.
Wie bereits in Hannibal, den beiden Alexander-Romanen und Troja gelingt es Haefs ein großes Interesse für die antike Realität zu schaffen. Er beherrscht die Kunst, seine Charaktere in ihrer Zeit so darzustellen und sprechen zu lassen, dass es wahrhaft erscheint. Ein wirklich gelungenes Buch!
„Raja“ ist die skurrile Geschichte eines irischen Bauernsohnes, dem als Kind prophezeit wurde, dass er als Erwachsener unermesslichen Reichtum in einem fremden Land besitzen würde. Er mustert bei der Marine an und desertiert an einem indischen Standort. Er wird zunächst Söldner für einen der vielen indischen Herrscher und steigt langsam im Rang auf bis er seine eigene Truppe meistbietend den Kriegsparteien anbietet. Schließlich wird er selbst Territorialfürst und erreicht damit, dass ihn vorhergesagte Leben. Die Geschichte hat einen realen Hintergrund. Es ist die Zeit der Auflösung des Mogulreiches, regionale Herrscher und vor allem die Invasion aus Persien führen zu Dauerkonflikten. Portugiesen, Briten und andere Europäer kochen ihre Süppchen und verdingen sich als Berater, Söldner oder Hoflieferanten. Regional- und Lokalherrschaften werden immer wieder neu besetzt und vertrieben. Wissenschaftlich wird das Thema dieser gewalttätigen Dekaden in der Dissertation von Andrea Hintze „The Mughal Empire and Its Decline“ (Aldershot: Ashgate 1997) dargestellt.
Während des EK04 wurde mir wegen meiner Schwärmerei für den Humor von Douglas Adams die Welten von Terry Pratchett empfohlen. Hatte bisher nie von diesem Autor gehört und war dann erstaunt, dass bereits 20 Romane aus der dortigen Scheibenwelt vorliegen. 2001 verramschte im Spätsommer einige Titel von Pratchett und so kamen die ersten beiden Romane „Farben der Magie“ und „Light Fantastic“ sowie die Macbeth-Nacherzählung auf meinem Nachttisch. Es ist leichte Literatur, aber leider sprang der Funke nicht über. Ja, es ist unterhaltsam, aber ich würde es nicht als wirkliche Satire bezeichnen und selbst die Macbeth-Geschichte, die mir noch am besten gefallen hat, hatte viele Schwächen.
Erst im Urlaub hatte ich wieder Muße für neue Romane und Erzählungen, doch diese Bücher wurden bereits im Dezember einzeln gewürdigt.
Ansonsten genoß ich wieder einmal den Hitch Hiker (einmal mehr auf Englisch), Kurzgeschichten von Arno Schmidt und Gedichte von Edgar Poe und William Shakespeare.
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