Gestern war ich erstmals auf der CeBIT. Ohne eine Freikarte wäre ich nicht zum Messegelände gefahren. Zunächst war es enttäuschend, denn ich hatte mich sofort auf den Weg zur Halle 5 begeben, wo es eine Linux-Welt geben sollte. Ich habe mir schon lange vorgenommen, Linux über Knoppix oder Ubuntu auszuprobieren. Meine guten Linuxerfahrungen mit Suse sind nun schon mehr als sechs Jahre alt.
Die CeBIT ist stolz darauf, dass die weit überwiegende Mehrheit der Besucher Fachleute sind. In der Linux-Welt fanden sich entsprechend nur Unternehmen, die spezielle Angebote für Linux bewarben. Ich verstand noch nicht einmal, worum es geht, da ich niemals in die Welt der Administratoren eingetaucht bin und dafür auch überhaupt kein Fachwissen haben.
Schließlich fand ich doch einen interessanten Stand, wo ich erstmals inne hielt und mir dann einen Vortrag anhörte. Viele Stände boten regelmäßig Vorträge zu Aspekten ihrer Produkte oder zu allgemeineren Themen an. Dieses Software Unternehmen bot Informationen zum so genannten Web2.0. Nach einer kurzen Einführung konzentrierte sich der Redner –natürlich unterstützt von einer aufwendigen Form von PowerPoint– auf das Thema Blog und deshalb blieb ich.
Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass es zur Zeit weltweit 80-90 Millionen Blogs gibt und täglich 100.000 hinzukommen. Dies umfasst sowohl Textblogs wie meinen als auch Videoblogs. Der Redner machte Werbung dafür, dass Unternehmer einen Blog auf ihren Seiten einrichten. Dies sei eine weitere Möglichkeit für Kontakte und Kritik der Kunden. Es wurde die Ergebnisse einer großen europäischen Umfrage zur Bedeutung verschiedener Quellen der Produktinformationen vorgeführt. Individuelle Blogs sind bereits mit etwa 20 Prozent der Nennungen die drittwichtigste Informationsquelle. Viele potentielle Kunden lesen die subjektiven Bewertungen tatsächlicher Kunden lieben, als die Werbeprosa eines Unternehmens.
Blogger haben sogar bereits bewiesen, dass sie eine Macht im Wirtschaftsgeschehen sind. Dies wurde an drei Beispielen ausgeführt:
- Ein Berliner Blog über das Geschäftsgebaren der Mobiltelefonklingeltonfirma Jamba kritisierte im Stil "Die Sendung mit der Maus" die Abo-Verträge der Firma, die vielen vor allem Kindern und Jugendlichen monatlich viel Geld abnahmen. Dieser Beitrag sprach sich schnell herum und wurde oftmals angeklickt. Hieraus entwickelte sich eine öffentliche Kampagne, die schließlich zu einer Novelle des Telekommunikationsgesetztes führte. Das Plündern des Taschengeldes ist nun erschwert. Wenn unter Google.de der Suchbegriff Jamba eingegeben wird, erscheint der kritische Blogeintrag von 2004 selbst Jahre später immer noch als 3. Eintrag (Stand 22.03.2007 / 15:00 Uhr).
- Ein Mitarbeiter der US-Firma Kryptonite, die u.a. einen guten Namen für Fahrradschlösser hat(te), verwies seine Vorgesetzte auf einen Produktionsfehler der Schlösser und wurde daraufhin gefeuert. Er veröffentlichte in seinem Blog ein primitives Video, in dem er zeigte, wie mit einem billigen Kugelschreiber eines der sehr teuren Fahrradschlösser geknackt werden kann. Die Seite wurde sehr oft aufgerufen. Die Rückrufaktion von Kryptonite kostete Millionen und angeblich sind die Schlösser nun sicher.
- Der CEO von Sun Microsystems begann vor zwei Jahren einen Blog. LeserInnen durften zunächst nur Emails, dann aber doch auch Kommentare zu seinen Einträgen abgeben. Es gab Tausende von Reaktionen und der CEO hüllte sich dann für drei Monate in Schweigen. Mit dem nächsten Beitrag bedankte er sich bei seinen LeserInnen und schrieb, dass er in den letzten Monaten mehr über seine Firma und ihre Produkte erfahren hatte, als in den 15 Jahren vorher. Seitdem hat Sun Customer Rated Reviews.
Aus ich wieder alleine durch die Hallen streifte, war ich dann doch mehrmals fasziniert. Ich hatte den Bereich Business Processes verlassen und ging nun durch die Hallen Digital Equipment and Systems. Hier waren Produkte zu sehen, die ein Konsument wie ich vielleicht auch einmal nutzt. Ein russischer Anbieter hatte große Touchscreens und Software für Bildungseinrichtungen. Da gab es zum Beispiel stumme Karten, wo nur der Umriss von Europa zu sehen war und die am Rande liegenden Länderumrisse richtig platziert werden sollten. Ein anderer Anbieter bot einen Touchscreen mit dem innerhalb von GoogleEarth navigiert werden konnte. Das war wie in einem Science Fiction. Mit dem Finger auf einer Satellitenaufnahme zu fahren und die Ansicht zu verändern.
Dann kam der erwartete Anruf eines Freundes und es gelang uns tatsächlich innerhalb einer Halle zu treffen. Ein weiterer Freund wurde telefonisch dirigiert und nun zog ich mit zwei Dipl-Ing. E-Tech/Informatik durch die Hallen.
Er hatte bereits den Stand von Ubuntu besucht und führte uns durch das Gewusel der riesigen Halle 1 direkt zum Stand. Ein launiges englisches Gespräch mit dem Personal und schon hatte ich Ubuntu 6.10 in meiner Hand. Wann mache ich den großen Sprung zu dieser Linux-Variante?
Gemeinsam gingen wir durch sechs Hallen. Viele Kommentare der beiden gingen an mir vorbei, aber es war dennoch viel angenehmer als das vorherige ziellose Durchstreifen. Viele kritische Kommentare fielen zu einigen Präsentationen. So wurde oftmals nicht angezeigt, wie viel Energie einzelnen Bauteile oder ein ganzes System benötigen. Ich suchte einmal auf der Rückseite eines 66-Zoll-Plasmabildschirmes und fand dort die Angabe 600 Watt. Eine schnelle Kalkulation: Wenn dieses Gerät täglich fünf Stunden im Betrieb ist (=3 kWh), würde dieser Bildschirm im Jahr (=1,095 MWh) so viel Strom verbrauchen, als zur Zeit ein Deutscher (1 MWh) für seinen ganzen Haushalt verwendet. Die beiden Techniken interessierten sich nicht nur aus Umweltschutzgründen für den Stromverbrauch, sondern in ihren Planungen geht es auch um Server, Router und andere Geräte, die natürlich 24 Stunden am Tag laufen und dann geht es irgendwann ins Geld. Ob nun ein Bauteil von vielen 5 oder 21 Watt benötigt, macht dann einen großen Unterschied in den jährlichen Kosten:
- 5 Watt = 43,8 kWh/a = €13,65 oder
- 21 Watt = 183,96 kWh/a = €57,35
Zum Abschluss waren wir am Stand der Firma, für die einer der beiden programmiert. Hier war die extreme Arbeitsteilung zu erkennen. Es benötigte einige Minuten Erklärungen, bis deutlich wurde, was genau sein Anteil an einem auf der Messe ausgestellten Produkt ist. Nun weiß ich es.
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